Das war der IHE – Day 2022

By 11/01/2023Aktuelles
IHE-Day Publikum

Über das Zusammenwachsen von IHE und HL7, dem EU Health Dataspace und MyHealth&EU, komplexe Beschaffungsprozesse in den Krankenanstalten und Brieftauben

Am 9. November fanden sich an die 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im TechGATE in Wien zum IHE Day 2022 ein. Weitere 20 Personen verfolgten die Veranstaltung per Livestream mit.

IHE und HL7: Standardisierung von FHIR für Multi-Domain Architekturen 

DI Jürgen Brandstätter, Vorstandsmitglied IHE Austria, CodeWerk Software Services and Development GmbH und Deputy Co-Chair bei IHE-Europe stellte das Kooperationsprojekt „Gemini“ vor, dass vor ein paar Jahren ins Leben gerufen wurde. Im Mittelpunkt dieser Initiative stehen Projekte zu Themen, wie Imaging for Cancer Care, Computable Care Guidelines und Device Interoperability using SDPi+FHIR sowie Health Information Exchange.„FHIR bringt neue Wege Content zu modellieren und neue digitale Transportwege“. Die Arbeiten von IHE, HL7 und FHIR sollen besser gebündelt, neue IHE Profile unter dem gemeinsamen Gemini-Level publizieren werden und ein Toolkit erstellt werden, in dem Spezifikationen beschrieben sind, die in Ausschreibungen verwendet werden können. „Ich glaube, dass die Zeit reif ist dafür und dass viele schon gelernt haben, dass nationale Lösungen nicht der beste Weg sind“, sagt Brandstätter. Ein Whitepaper ist gerade in Arbeit und Brandstätter rief die Community auf, sich aktiv zu beteiligen und zu kommentieren.

Jürgen Brandstätter IHE Day 2022

EU Health Data Spaces und MyHealth@EU

Philipp Schardax BSc, MSc, vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz stellte den aktuellen Verordnungsvorschlag über den EU Health Data Space, der im Mai 2022 von der europäischen Kommission vorgelegt wurde, vor. Der Vorschlag gliedert sich in drei große Regelungsbereiche, der Primärdatennutzung, der Interoperabilität von EHR und der Sekundärdatennutzung.

Im Rahmen der Primärdatennutzung solle es mit dem Aufbau von MyHealth@EU, früher EHDSI EHealth Digital Health Structure Services genannt, zum grenzübergreifenden Datenaustausch kommen. „In Zukunft kann ich ein österreichisches eRezept auch in Deutschland abrufen und einlösen“, so Schardax. Darüber hinaus sollen über den zu erichtenden National Contact Point for eHealth (NCP) auch Patientsummary, ePrescription, Bilddatenaustausch, Laborberichte und Entlassungsberichte von Krankenanstalten verfügbar gemacht werden.

Bei der Interoperabilität sieht der Entwurf starke Pflichten für Hersteller, aber auch Händler, die Komponenten zusammenstellen, vor.  EHR Systeme zwischen verschiedenen Organisationen einerseits aber auch mit MyHealth@EU andererseits sollen verpflichtend und nachweisbar interoperabel sein.

Der dritte Bereich, die Sekundärdatennutzung habe laut Schardax große Auswirkungen für Innovationen und Public Health, wie eine Verpflichtung aller Dataholder vor die von ihnen gespeicherten Gesundheitsdaten zur Sekundärdatennutzung über einen sogenannten Health Data Access Body (HDAB) Datennutzern zur Verfügung zu stellen.

Philip Schardax IHE Day 2022

 

Aufruf IHE Austria – Success Stories

Mag. Herwig Loidl, Sprecher des Vorstandes von IHE Austria, LOIDL Consulting GmbH gab einen Ausblick über die Aktivitäten des Vereins für das Jahr 2023. Ziel ist es die Sichtbarkeit von IHE und das Verständnis für Standards zu erhöhen. Erste Schritte sind verstärkte Social Media Aktivitäten sowie Success Stories der Mitglieder. Die IHE-Austria unterstützt die Ausarbeitung der Success Stories.

Loidl über IHE Success-Storys

 

Beschaffung & Marketplace

Dr. Alexander Schanner von der NÖ Landesgesundheitsagentur und Vorstandsmitglied IHE Austria, referierte über den immer komplexer werdenden Beschaffung von modernen IT Systemen in Krankenanstalten. „Es gibt eine große Menge an Technical Frameworks, in dem Profile und Usecases beschrieben sind und wie die Systeme miteinander arbeiten. Das ist frei verfügbar und kann für entsprechende Vergabeverfahren, für Ausschreibungen eine Orientierung sein“, so Schanner. Während in der Ausschreibung für Standardprodukte eine genaue Liste der zu erfüllenden IHE Profile meist schon vorhanden ist, sei es bei komplexeren, individuell angepassten Produkten nicht so. „Da ist es notwendig, seine eigene Umgebung zu erkunden wo sind die jeweiligen Grenzen, wo ist die Außenwelt, welche IHE Aktoren gibt es, die diese neuen Produkte erfüllen sollen und passen diese zu den in Frage kommenden Produkten“, so Schanner.

Mit Hilfe der IHE Community ist sich Schanner sicher, dass es gelingen könnte zumindest einen bestimmten gemeinsamen Anteil zu definieren und Usecases und mögliche Konstellationen zu beschreiben. „Es wird für jeden einzelnen noch immer genügend Arbeit übrig bleiben die Integration in seine bestehende Umgebung noch weiter zu verfeinern“.

Trends sieht er in der Erstellung einer Testumgebung in der Cloud und in weiterer Folge eine Art Marketplace nach Vorbild eines Appstores sowie in Richtung pay per use, statt Kauf oder Mietsoftware. „Wir müssen in der Lage sein, wenn eine seltene Erkrankung wo auftaucht, das man diese Services nutzen kann und entsprechend honoriert“.

Schanner IHE Day

 

Brieftaube oder Smartphone

Dr. Katharina Reich leitet die Sektion 7 für die Öffentliche Gesundheit und das Gesundheitssystem im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Ihren Vortrag beginnt sie sehr pointiert mit der Frage „Brieftaube oder Smartphone?“: „Es gibt Orte wo ich sie noch fliegen sehe und es gibt Bereiche und Orte wo wir schon tatsächlich am Level Smartphone sind“. Sie stellte die unzähligen Herausforderungen in Sachen Digitalisierung sowohl aus GDA Sicht als auch aus Patientensicht dar und umspannte in ihren Ausführungen mit Themen wie wie Patientensicherheit, Zugang zur Versorgung, Planung, Qualität und Compliance.

Mit Digitalisierung könnten aus Ihrer Sicht ganz viele Themen verbessert werden. „Health in all Policies heißt für mich E-Health in all Policies“. Als Beispiel nannte sie chronische Erkrankungen mit viel Potential in Sachen Digitalisierung. „Die derzeitigen Pfade sind noch mit viel Papierarbeit besetzt“. Ein weiteres Anliegen ist ihr, die Einstiegshürden ins Gesundheitswesen einfacher zu gestalten. Auf die Frage „Wen brauche ich wenn ich das und das habe“ gäbe es derzeit wenig bis gar keine Orientierung.  „Mein Appell: Wir müssen aus dem Dschungel raus“, so Reich.

Es brauche für die Pflege zu Hause und im Krankenhaus die gleichen digitalen Möglichkeiten. Alle Informationen müssten stringent und konform verfügbar sein. Allerdings: „Wenn die Prozesse nicht stimmen dann kann das die IT nicht lösen. Schlechte Prozesse machen auch schlechte digitale Lösungen“, ist Reich überzeugt und will auch in die Prozesse investieren.

Reich am IHE Day 2022

Wir bedanken uns und freuen uns auf den nächsten IHE-Day!