EU empfiehlt Einsatz von 27 IHE-Profilen bei öffentlichen Ausschreibungen
Die EU-Kommission empfiehlt seit Ende Juli 2015 den Einsatz von 27 IHE-Profilen bei öffentlichen Ausschreibungen
Nach Konsultation der Europäischen Mulit-Stakeholder-Plattform für die IKT-Normung und der Sachverständigen des Sektors, hat die EU Kommission – in Erwägung nachstehender Gründe – den Beschluss gefasst, auf die im Anhang angeführten IHE-Profile bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Bezug zu nehmen:
(1) Die Normung leistet einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der Strategie „Europa 2020“, wie in der Mitteilung der Kommission „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ dargelegt. Die Strategie „Europa 2020“ umfasst mehrere Leitinitiativen, aus denen hervorgeht, wie wichtig die freiwillige Normung auf den Waren- und Dienstleistungsmärkten dafür ist, die Kompatibilität und Interoperabilität von Produkten und Dienstleistungen zu gewährleisten und die technologische Entwicklung und die Innovation zu fördern.
(2) Wie im Jahreswachstumsbericht 2015 betont wird, ist die Vollendung des digitalen Binnenmarkts eine der Hauptprioritäten der Europäischen Union. Die Kommission hat die Strategie für den digitalen Binnenmarkt beschlossen, in der die Rolle der Normung und Interoperabilität bei der Schaffung einer europäischen digitalen Wirtschaft mit einem langfristigen Wachstumspotenzial hervorgehoben wird.
(3) In der digitalen Gesellschaft werden Normungsprodukte unverzichtbar für die Gewährleistung der Interoperabilität von Geräten, Anwendungen, Datenspeichern, Diensten und Netzwerken. Die Kommission hat in ihrer Mitteilung „Eine strategische Vision der europäischen Normung: Weitere Schritte zur Stärkung und Beschleunigung des nachhaltigen Wachstums der europäischen Wirtschaft bis zum Jahr 2020“ die Besonderheit der IKT-Normung anerkannt, in der IKT-Lösungen, -Anwendungen und -Dienste häufig von globalen IKT-Foren und -Konsortien entwickelt werden, die eine Führungsrolle bei der Entwicklung von IKT-Normen übernommen haben.
(4) Ziel der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 ist die Modernisierung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für die europäische Normung. Durch sie wurde ein System eingeführt, in dem die Kommission festlegen kann, welche technischen Spezifikationen im IKT-Bereich, die von anderen Einrichtungen als europäischen, internationalen oder nationalen Normungsgremien erarbeitet wurden, die größte Relevanz und die breiteste Akzeptanz haben. Indem die gesamte Bandbreite von technischen Spezifikationen im IKT-Bereich bei der Beschaffung von Hardware, Software und IT-Dienstleistungen verwendet werden kann, wird für Interoperabilität gesorgt, die Bindung öffentlicher Auftraggeber an einen einzigen Anbieter vermieden und der Wettbewerb bei der Lieferung interoperabler IKT-Lösungen verstärkt.
5) Die technischen Spezifikationen für IKT, auf die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Bezug genommen werden kann, müssen die Anforderungen von Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 erfüllen. Bei technischen Spezifikationen für IKT, die diesen Anforderungen entsprechen, können die öffentlichen Auftraggeber mit Gewissheit davon ausgehen, dass sie im Einklang mit den Grundsätzen der Offenheit, Fairness, Objektivität und Nichtdiskriminierung erstellt wurden, die die Welthandelsorganisation in der Normung anerkannt hat.
(6) Über die Festlegung der IKT-Spezifikationen sollte nach Konsultation der Europäischen Multi-Stakeholder-Plattform für die IKT-Normung entschieden werden, die von der Kommission mit dem Beschluss 2011/C 349/04 (1) eingerichtet wurde, ergänzt durch weitere Formen der Konsultation sektoraler Sachverständiger.
(7) Am 2. Oktober 2014 unterzog die Europäische Multi-Stakeholder-Plattform für die IKT-Normung 27 „Integrating the Healthcare Enterprise“-Profile einer Bewertung anhand der Anforderungen gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 und befürwortete die Entscheidung, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auf diese Bezug genommen werden kann. Die Bewertung der 27 IHE-Profile wurde anschließend dem gemäß Artikel 14 der Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2) geschaffenen Netzwerk für elektronische Gesundheitsdienste („eHealth network“) vorgelegt, das ebenfalls eine befürwortende Stellungnahme hinsichtlich der Festlegung abgab.
(8) IHE entwickelt technische Spezifikationen für IKT im Bereich der Gesundheits-IT. Die 27 IHE-Profile sind detaillierte Spezifikationen, die über einen Zeitraum von 15 Jahren von den IHE-Ausschüssen entwickelt wurden und die Auswahl von gut etablierten Normen optimieren, die die verschiedenen Interoperabilitätsebenen beschreiben (z. B. Protokollkommunikation, technische, syntaktische, semantische und Anwendungsebenen), um Interoperabilitätslösungen für die Übermittlung oder den Austausch von medizinischen Daten zu finden.
(9) Die 27 IHE-Profile haben die potenzielle Fähigkeit zur Erhöhung der Interoperabilität der elektronischen Gesundheitsdienste und -anwendungen zum Vorteil der Patienten und der medizinischen Fachwelt. Die 27 IHE- Profile sollten daher als technische Spezifikationen für IKT festgelegt werden, auf die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Bezug genommen werden kann.
Und das sagt die Branche
Softwarehersteller:
„Für uns Softwarehersteller ist diese Empfehlung ein absolut positiver Schritt im Hinblick auf die Normung im e-health-Sektor. Zeigt diese EU-Empfehlung doch, dass unsere Investments in das österreichische ELGA-Projekt national als auch international anwendbar und daher nachhaltig sind.
Ganz wesentlich ist für uns dabei, dass damit die Umsetzung von proprietären Lösungen im öffentlichen Bereich unterbunden werden. Die Entscheidung für IHE-Lösungen bei öffentlichen Beschaffungen hat normative Kraft auch im privaten Markt und damit Wirkung auf den Gesamtmarkt.
Es liegt an uns, diese gute Nachricht auch den ausschreibenden Stellen nachdrücklich zu vermitteln.“
Ing. Eduard Schebesta
Sprecher Industrieplattform Medizinsoftware
Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsges.m.b.H. – SVC:
„Allgemein akzeptierte und gelebte Standards sind ein wesentlicher Faktor, um die Zukunftssicherheit und den Investitionsschutz im IT-Bereich voran zu bringen. Es erleichtert die Vergabeverfahren für öffentliche Stellen und Hersteller, reduziert die Abhängigkeit von Produkten und Herstellern und belebt dadurch den Markt. Der Beschluss der EU-Kommission, IHE-Profile bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen anzuerkennen, ist somit ausdrücklich zu begrüßen.“
Rainer Schügerl
Bereichsleiter Technik, Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsges.m.b.H. – SVC
Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI):
„Der Beschluss der EU-Kommission, IHE-Profile, bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen als Standard anzuerkennen, ist ein großer Erfolg. Definierte Standards erleichtern die Ausschreibungsprozesse und sichern ein einheitliches Qualitätsniveau. Aus Herstellersicht ist dies ein wichtiger Schritt in die Zukunftssicherheit von Investitionen im Gesundheitssektor.“
Dr. Manfred Müllner
Geschäftsführer-Stv. des FEEI- Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI)