Auch ein Blick über die Grenzen Österreichs hinaus wurde am diesjährigen IHE Day 2019 gewagt – Adrian Schmid, Leiter eHealth Suisse, gab als internationaler Gast Einblick in die Schweizer eHealth Strategie. Laut Schmid (zitiert nach Bertelsmann) gibt es bereichs übergreifend drei Erfolgsfaktoren für die Digitalisierung:
- Eine effektive Strategie, die auf einer von den System-Akteuren geteilten Zielvorstellung beruht
- Politische Führung durch klare Vorgaben
- Koordinierende Instanzen in Form von nationalen, politisch verankerten Digital-Health-Agenturen, vor allem für den erfolgskritischen Bereich der Standardisierung
Legt man diese Punkte auf das Schweizer Gesundheitssystem um, erhält man folgende grobe Einsicht: Punkt 1, die effektive Strategie, ist mit der „Strategie eHealth Schweiz 2.0“ gegeben und auch Punkt 3, die koordinierende Instanz, ist mit der eHealth Suisse vorhanden. Eine Herausforderung bei der Implementierung stellen teilweise jedoch die 27 Kantone mit 27 GesundheitsministerInnen dar.
ELGA und EPD im Vergleich
Analog mit der österreichischen ELGA, ist das Schweizer „Elektronische Patientendossier (EPD)“, welches sich kurz vor der Einführung befindet. Laut Schmid ist dieses etwas anders positioniert, da es im privaten Bereich auf einer Opt-In Basis – statt wie ELGA auf Opt-Out Basis – funktioniert. Während also Spitäler und Reha-Einrichtungen bereits im April 2020 und Heime bis zum April 2022an das ePatientendossier angeschlossen sein müssen, können der ambulante Bereich sowie die Bevölkerung/die PatientInnen das EPD freiwillig nutzen.
Im EPD müssen laut Gesetz alle behandlungsrelevanten Dokumente hinterlegt sein – von Medikamenten über Verläufe bis hin zu Berichten – wobei der strukturierte Datenaustausch hier eine Herausforderung darstellt.
Was das EPD zudem deutlich von ELGA unterscheidet, ist die dezentralere Architektur. Denn viele Funktionen wie zum Beispiel die Dokumentenablage oder das –register sowie das Verzeichnis der PatientInnen, sind in Patientendossier-Gemeinschaften organisiert. Die Berechtigungen werden auch von diesen Gemeinschaften verwaltet. Im System selbst können PatientInnen ihre Daten einsehen und auch selbst abgestufte Zugriffsrechte erteilen. Einzelne Dokumente können auf Wunsch auch auf „geheim“ gestellt werden, sodass diese nur für die PatientInnen selbst sichtbar sind. Durch die Erlaubnis von Notfallzugriffen oder das Wählen von StellvertreterInnen erlangt das System auch Flexibilität in Ausnahmesituationen.
Die Basis des EPD basiert auf internationalen Standards. Bei der dezentralen Vernetzung hat die Schweiz auf IHE gesetzt, beim Aufbau der Inhalte auf CDA und HL7 FHIR, bei der Codierung auf SNOMED CT. Um die Interoperabilität sicherzustellen wurde ein Vertrag mit IHE Services geschlossen und bereits mehrere spezielle EPD-Projectathons durchgeführt.
Der nächste Schritt des Schweizer Gesundheitssystems ist mHealth, bei dem PatientInnen unter anderem Informationen aus einer mobilen Anwendung als „eigene Daten“ im EPD integrieren können.